Artikel von Allen Duty – 7 Min Lesedauer
Anhänger des Wohlstandsevangeliums erreichen
Es war ein klarer Wintermorgen. Ich saß gerade in meinem Lieblingscafé, las in meiner Bibel und machte mir ein paar Notizen. Ein vorbeigehender Mann bemerkte, dass ich Bibel las und begann ein Gespräch mit mir. Er erzählte mir, dass er Mitglied einer großen Gemeinde in der Umgebung sei (eine Gemeinde, die das Wohlstandsevangelium predigt), und dass die Bibel für ihn vor allem ein Buch sei, dass uns sagen will, wie Gott uns segnen möchte. Ich entgegnete, dass die Bibel tatsächlich viel mehr ein Buch ist, dass uns erkennen lässt, wer Gott ist, wer wir sind und was Gott für uns getan hat, um uns mit ihm zu versöhnen. Ich fing an, vom Evangelium zu erzählen, bei dem Nachfolge Christi bedeutet, Leiden zu ertragen. Er erwiderte, dass Gott uns, solange wir Glauben haben, segnen möchte und uns vor jedem Leid bewahren wird. Als ich dann auf einige Bibelstellen verwies, in denen Gott seinen Nachfolgern verspricht, dass sie sowohl normale Anfechtungen erleben als auch direkt verfolgt werden, hob er nur verteidigend seine Hände und sagte: „Das gilt nicht für mein Leben.“
In diesem Moment fühlte ich mich dazu gedrängt, ihm von der leidvollen Erfahrung einer Fehlgeburt zu erzählen, die meine Frau und ich kürzlich erleben mussten. In solchen Momenten des Leidens können wir nicht einfach sagen, dass so etwas nicht für unser Leben „gilt“ und die Anfechtungen dadurch weggehen. Dann erzählte ich ihm die Gute Nachricht. Dass Jesus gekommen ist, um die Welt zu überwinden und dass er uns niemals in unseren Anfechtungen und Leiden allein lassen wird. Dass er uns vielmehr in unserem Leiden tröstet. Das alles, vor allem aber meine Offenheit mit unserer Leiderfahrung, schien ihn eiskalt erwischt zu haben. Er brachte noch schnell sein Mitleid zum Ausdruck und erklärte, dass er weitermüsse.
Mich ließ dieses Erlebnis aber nicht so schnell los: Wie können wir uns besser darauf vorbereiten, Anhänger des „Wohlstandsevangeliums“ mit dem echten Evangelium zu erreichen?
Warum ist das nur so schwer?
Ein Gespräch mit Menschen, die der unbiblischen Botschaft anhängen, dass Christus nur gestorben sei, um Menschen gesund, glücklich und erfolgreich zu machen, ist herausfordernd. Das hat zwei Gründe:
1. Die Botschaft des Wohlstandsevangeliums spricht die fleischliche Natur an
Das Wohlstandsevangelium schreibt natürliche Bedürfnisse wie Gesundheit und Wohlstand groß und verspricht, was unser sündiges Herz verlangt. Es gibt keinen Aufruf zur Buße, kein Sündenbekenntnis, keinen Aufruf, sich selbst zu verleugnen, sein Kreuz auf sich zu nehmen und Jesus nachzufolgen. Es gibt keinen Aufruf zu sterben (Mk 10,34–35). Aus diesem Grund appellieren wir im Gespräch mit Menschen, die im Wohlstandsevangelium aufgewachsen sind, vor allem daran, dem Glauben an eine dem Fleisch dienende Botschaft abzusagen.
2. Sie gebrauchen dieselben Worte, aber mit einer anderen Bedeutung
Zwar benutzen Anhänger des Wohlstandsevangeliums dieselben Begriffe wie wir, sie meinen aber völlig andere Dinge. Wenn ich zum Beispiel das Wort Glauben benutze, meine ich eine Gabe Gottes, die mir gegeben wurde, zu glauben, dass sein Wort Wahrheit ist und das Christus sein Sohn ist (1Kor 2,14; Joh 6,44f.). Anhänger des Wohlstandsevangeliums hingegen meinen mit Glauben ein Instrument, das wir nutzen. Gott steht dann in unserer Schuld. Glauben ist dann lediglich die Währung, mit der wir von Gott erhalten, was wir wollen.
Ein weiteres Beispiel ist der Begriff Evangelium. Ich meine damit die Gute Nachricht von Christi Leben, Sterben und Auferstehung (1Kor 15,1–4; Gal 2,10–14). Viele Anhänger des Wohlstandsevangeliums meinen hier jedoch die „gute Nachricht“, dass Gott uns gesund, wohlständig und wohlhabend machen möchte.
5 Tipps zum Umgang mit Anhängern des Wohlstandsevangeliums
Für Paulus ist ganz klar, dass die Evangeliumsverkündigung Aufgabe aller Christen ist, „es sei gelegen oder ungelegen“ (2Tim 4,2; vgl. auch 2Tim 4,1–5). Wie aber können wir diejenigen erreichen, die dem Wohlstandsevangelium anhängen?
1. Erkenne demütig, dass wir ohne die Gnade Gottes ebenso einem falschen Evangelium anhängen würden.
Wenn wir davon ausgehen, dass das Wohlstandsevangelium wirklich nur die fleischliche Natur anspricht und wir Tod in unseren Sünden geboren wurden (Eph 2,1), dann führt uns allein die Gnade Gottes zu der Erkenntnis, dass das Wohlstandsevangelium ein falsches Evangelium ist. Dies sollte dazu führen, dass wir in unseren Gesprächen vor allem demütig sind.
2. Bekräftige, was am Wohlstandsevangelium stimmt.
Eines muss auf jeden Fall klar sein: Das Wohlstandsevangelium ist ein verfälschtes Evangelium. Aber die Sache an Fälschungen ist, dass sie dem Original sehr ähnlich sein müssen, um glaubhaft zu wirken. Bekräftige also, was am Wohlstandsevangelium wahr ist: Das Wohlstandsevangelium basiert auf einem theistischen Weltbild. Es behauptet richtigerweise, dass die Nachfolge Christi tatsächlich Segen bringt, sogar schon hier zu Lebzeiten (Mk 10,29–30). Es basiert auf dem festen Glauben, dass Gott unsere Gebete hört und beantwortet (Jak 5,16) und es bekräftigt die Wahrheit, dass Gott unseren Glauben belohnt (Mt 9,29).
„Anhänger des Wohlstandsevangeliums meinen mit Glauben ein Instrument, das wir nutzen. Es ist lediglich die Währung, mit der wir von Gott erhalten, was wir wollen.“
Somit ist das Wohlstandsevangelium nicht gänzlich ohne Wahrheit. Etwas anderes zu behaupten ist weder präzise noch hilfreich für einen Evangelisationsversuch.
3. Konfrontiere die Lügen und Mängel des Wohlstandsevangeliums
Konfrontiere die Lügen und Mängel des Wohlstandsevangeliums. Eine sehr gefährliche Lüge ist, dass die Menge des Glaubens bestimmt, was wir von Gott erhalten. Die Bibel sagt jedoch eindeutig, dass es auf das Objekt unseres Glaubens ankommt, nicht auf die Größe unseres Glaubens. Auch ein großer Glauben an Götzen wird uns nicht retten können. Ein kleiner Glauben an Jesus Christus hingegen kann uns retten (Joh 14,1–14).
Auch bietet es keine Hilfe für das unvermeidbare Leid, dass wir alle ertragen müssen (Joh 16,33). Wenn wir meinen, dass unser Glaube an Gott uns von Leiden verschont, müssen wir unweigerlich schlussfolgern, dass Gott uns entweder angelogen hat, dass er nicht existiert oder dass wir einfach nicht genug Glauben haben – nichts davon ist wahr.
4. Halte die Hoffnung des biblischen Evangeliums aufrecht.
Das Evangelium lehrt uns, dass wir nichts Gutes von Gott verdient haben. Wir verdienen es, für unsere Sünden auf ewig bestraft zu werden. Und dennoch rechtfertigt uns Gott, der reich an Barmherzigkeit ist, durch den Glauben an die Person und das Werk Christi.
Ob wir nun viele offenkundige Segnungen in diesem Leben empfangen oder nicht, die Gute Botschaft ist, dass unsere Sünden durch den Glauben an Jesus Christus vergeben sind und wir in Gottes Familie aufgenommen wurden. Dieses Wissen schützt uns vor der Vergötterung guter Dinge und der unnötigen Entmutigung, wenn diese guten Dinge ausbleiben.
5. Führe ein großzügiges Leben, das zeigt, dass unsere größte Freude in Gott und nicht in materiellen Segnungen liegt.
Wenn wir überzeugend biblisch gegen das Wohlstandsevangelium argumentieren und dann aber ein Leben führen, in dem es nur darum geht, mehr Geld und Besitz anzusammeln, machen wir mit unserem Lebensstil alles zunichte, was wir mit unseren Lippen erreicht haben mögen.
Wenn wir hingegen ein großzügiges Leben führen und aus dem von Gott geschenkten Überfluss geben, schaffen wir Möglichkeiten, das biblische Evangelium weiterzugeben. Paulus schreibt: „Denn ihr kennt ja die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, obwohl er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet“ (2Kor 8,9).
Großzügiges Geben zeigt anderen, dass Christus unser größter Schatz ist und wir ihn und sein Werk an uns höher schätzen als alles andere, was Gott uns jemals an materiellen Segnungen geben könnte.
Allen Duty ist Pastor der New Life Baptist Church in Texas, USA. Dieser Beitrag erschien zuerst bei Evangelium21. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.