Die Pandemie beschäftigt uns nun seit mehr als 1 ½ Jahren, sie prägt unser Gemeindeleben und erregt auch unsere Gemüter. Plötzlich sind geistliche Prinzipien, die wir schon immer gekannt haben, tagesaktuell geworden, wie z.B. unser Umgang mit unterschiedlichen Meinungen in der Gemeinde.
Gerade jetzt, während diese Zeilen entstehen, stellen Fluggesellschaften ihren Flugverkehr mit Südafrika ein, weil wieder eine neue Variante des Virus entdeckt worden ist. Die Hoffnungen, die Pandemie bald im Griff zu haben, werden sehr gedämpft. Es scheint, als müssten wir uns noch länger mit einer krisenhaften Situation abfinden.
Die Pandemie ist ein Zeichen der gefallenen Schöpfung. Die Worte von Paulus haben für uns eine neue Aktualität gewonnen: „Wir wissen allerdings, dass die gesamte Schöpfung jetzt noch unter ihrem Zustand seufzt, als würde sie in Geburtswehen liegen … Und sogar wir, denen Gott doch bereits seinen Geist gegeben hat, den ersten Teil des künftigen Erbes, sogar wir seufzen innerlich noch.“ (Römer 8,22-23 NGÜ).
Paulus erinnert uns daran, dass auch wir als Christen von Ereignissen und Zuständen betroffen sind, die zu unserer Welt gehören. Das macht etwas mit uns. Zugleich zeigt uns Paulus den Weg, damit umzugehen: „Da wir also das, worauf wir hoffen, noch nicht sehen, warten wir unbeirrbar, bis es sich erfüllt.“ (Römer 8,25 NGÜ)
Als Menschen mit Hoffnung richten wir den Fokus unbeirrt auf Gott und die Erfüllung seiner Zusagen. Unsere Hoffnung stellt ein starkes Gegengewicht zur Pandemie dar, sie gibt uns den inneren Kompass zum Umgang mit ihr und verleiht uns die Gelassenheit von Hoffnungsträgern. Mehr noch, gerade jetzt können wir als Christen in unserem Umfeld als Hoffnungsträger herausleuchten.
Jesus nennt in seiner sog. Endzeitrede auch Pandemien als Kennzeichen dieser Zwischenzeit bis zu seiner Wiederkunft: „Hungersnöte und Seuchen werden bald diese Gegend heimsuchen und bald jene;“ (Lukas 21,11 NGÜ) Wir müssen also mit Pandemien rechnen, dürfen uns aber durch sie nicht erschrecken lassen (Vers 9). Wir dürfen die Kennzeichen dieser Zeit auch nicht wie Zeiger einer Uhr verstehen, die uns anzeigen, wie nahe das Ende schon ist. Vielmehr mahnt uns auch die gegenwärtige Pandemie dazu, unseren Glauben wach zu halten und uns als Christen in dieser Situation zu bewähren.
Zu bewähren hat sich unser Glaube gleich in mehrfacher Hinsicht:
1) Wir richten unsere Hoffnung auf Jesus und orientieren uns an seinem Wort und lassen uns nicht durch gewisse Theorien erschrecken. Solche Anschauungen haben keine Berechtigung, unser Denken und Handeln zu bestimmen und sich so zwischen uns und Jesus zu schieben. Theorien, welcher Art auch immer, lassen sich durch seriöse Information entkräften oder bekräftigen. Der christliche Glaube ist grundsätzlich informationsbasiert (Gott informiert uns vertrauenswürdig). Dies kann auch im Umgang mit kursierenden Theorien und Spekulationen unser Grundsatz sein.
2) Unsere Solidarität zu unseren Mitchristen und zur Gesellschaft sind gefragt (vgl. Galater 6,9-10; 1Korinther 9,19). Unsere persönliche Meinungs- und Handlungsfreiheit (z.B. beim Impfen) muss in einem ausgewogenen Verhältnis zu solidarischem Verhalten stehen. Christen haben sich gerade in Zeiten einer Pandemie immer wieder mit der Gesellschaft solidarisch gezeigt, indem sie sich um Kranke gekümmert haben.
3) Als Christen leisten wir den Anordnungen des Staates Folge. Die Anweisungen im Neuen Testament sind in eine Situation hineingeschrieben, die wir vielleicht als willkürliche Diktatur bezeichnen würden. Sie gelten natürlich auch in einer Demokratie. Petrus begründet seine diesbezügliche Anweisung mit Gott und nicht mit der Sinnhaftigkeit einer staatlichen Verordnung oder mit dem persönlichen Übereinstimmen mit einer solchen (siehe 1Petrus 2,13-14). Paulus geht sogar so weit zu formulieren: „wer sich gegen eine staatliche Ordnung auflehnt, widersetzt sich der Anordnung Gottes“ (Römer 13,2 GNB). In einer Demokratie haben wir glücklicherweise das Recht zur freien Meinungsäußerung und auch das Recht, gegen Maßnahmen des Staates zu demonstrieren. Da wir durch keine Verordnungen von Regierungsstellen in Österreich gezwungen werden, unseren Glauben zu verleugnen oder jemand anderen zu verehren als Christus, sollten wir die staatlichen Maßnahmen auch nicht in diese Kategorie einordnen. Paulus und Petrus mahnen uns dazu, dass sich unser Glaube auch in unserem Verhalten gegenüber staatlichen Maßnahmen bewähren muss.
4) Vielleicht ist unser Glaube am meisten in unserem Miteinander in der Gemeinde mit den vielen unterschiedlichen Meinungen, Haltungen, Erfahrungen und Einschätzungen in Bezug auf Corona herausgefordert. Auch hier erfahren wir im Neuen Testament hilfreiche Orientierung. Wir sind aufgefordert, Rücksicht auf die Schwachen zu nehmen (vgl. z.B. 1Korinther 8,9). Die Schwachen können Ängstliche sein (solche, die aus Angst zu keinen Gottesdiensten kommen oder solche, die sich aus Angst nicht impfen lassen oder solche, die sich aus Angst impfen lassen), es können gefährdete Menschen, ältere Menschen oder Personen mit Behinderung sein.
Wir sind aufgefordert, andere Meinungen (bei Themen, zu denen die Bibel nicht klar Stellung nimmt) zu respektieren und unseren Mitchristen zuzugestehen, hier anders zu denken, zu empfinden oder zu handeln. Dabei spielt keine Rolle, ob eine Denk- und Handlungsweise für uns einleuchtend ist oder nicht. Wir sind nicht berechtigt, andere wegen ihrer Meinung herabzusetzen oder sie zu einer Meinungsänderung zu drängen. Wir müssen also die Spannungen aushalten.
Dennoch ist es im Rahmen einer Ortsgemeinde (wie auch in den Freikirchen als Ganzes) in der Pandemie- Situation notwendig, gemeinsame Verhaltensregeln zu leben. Hier kann es erforderlich sein, meine persönliche Haltung zurückzustellen. Eine Gemeinschaft hat Verantwortung für sich über die einzelnen Befindlichkeiten hinaus. Meine persönliche Meinung und Verhaltensweise finden dort ihre Grenzen, wo Solidarität gefragt ist: gegenüber Schwachen, gegenüber der Gemeinschaft und gegenüber der Gesellschaft.
Als Christen haben wir in dieser Pandemie die Gelegenheit, Zeichen zu setzen, nämlich in dem Sinn, wie Petrus es formuliert: „Euer Leben mitten unter den Menschen, die Gott nicht kennen, muss einwandfrei sein. Wenn sie euch alles mögliche Böse nachsagen, sollen sie eure guten Taten sehen und von ihren eigenen Augen eines Besseren belehrt werden.“ (1Petr 2,12 GNB)
Wir wünschen euch die Kraft des Heiligen Geistes in dieser herausfordernden Zeit. Paulus drückt es mit diesen Worten aus (Römer 15,13 GNB):
Ich bitte Gott, auf den sich unsere Hoffnung gründet, dass er euch in eurem Glauben mit aller Freude und allem Frieden erfüllt, damit eure Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes immer stärker und unerschütterlicher wird.
Die Bundesleitung des BEG (Bund Evangelikaler Gemeinden)